Lisa betreut ein autistisches Mädchen nahe Washington D.C.

Derzeit betreut die Ergotherapeutin aus Deutschland ein autistisches Mädchen bei einer Gastfamilie in Arlington, fünf Minuten Fahrtweg von Washington D.C. entfernt. Sie berichtet von ihren persönlichen Erfahrungen als Professional Au-pair.

Wie sieht der Tagesablauf für dich in der Betreuung eines Kindes mit Autismus aus?
Ich fange morgens gegen 7:30 Uhr mit der Arbeit an und bereite für mein Gastkind als erstes das Mittagessen für die Schule und das Frühstück vor. Wenn alles angerichtet ist, wecke ich mein Gastmädchen gegen 8 Uhr. Gemeinsam gehen wir ins Bad und ich helfe ihr dann beim Fertigmachen. Derzeit trainieren wir, die Zahnbürste selber zu halten oder auch das Waschen mit dem Waschlappen. Hierbei assistiere ich ihr jeden Morgen. Anschließend helfe ich ihr beim Anziehen und versuche, darauf zu achten, dass sie das Stück für Stück selbstständiger kann. Dann gibt es endlich Frühstück. Was das eigenständige Essen betrifft, haben wir schon sehr viel erreicht. Das macht mich unheimlich glücklich. Nach dem Frühstück kommt der Schulbus – sogar bis direkt vor die Haustür.

Meistens habe ich dann Freizeit bis 15:30 Uhr, bis mein Gastkind wieder aus der Schule kommt. Danach unternehmen wir etwas gemeinsam. Wir gehen oft in einen der vielen Naturparks spazieren, wo wir die Balance meines Gastkindes trainieren, indem wir über Steine von Flüssen laufen. Wir gehen auch oft schwimmen, Trampolin springen oder auf einen Spielplatz, wo ich oft andere Professional Au-pairs treffe – im Englischen nennt man das Playdate.

Einmal pro Woche geht mein Gastmädchen zusätzlich ins Kinderfitnessstudio.
Mein Tag endet dann nach dem Abendessen. Ich bereite das Abendbrot mit vor, bade mein Gastkind anschließend und bringe es danach ins Bett. Dort lese ich meistens noch eine Geschichte vor.

Was ist die größte Herausforderung für dich in der Betreuung eines autistischen Kindes?
Am Anfang war die größte Herausforderung der Start der kleinen Therapieeinheiten, die ich planen sollte. Begonnen haben wir mit kleinen 5-Minuten-Therapieeinheiten, weil Motivation, Konzentration und Frustrationstoleranz meines Gastkindes anfangs noch nicht so ausdauernd waren.
Außerdem habe ich gelernt, Körpersignale besser zu deuten. Ich weiß jetzt, dass ich bei meinem Gastkind körperliche Aktivität in die Therapie einbringen muss, so kann sie sich besser konzentrieren. Anhand dieser Erkenntnisse schaffen wir manchmal schon 40 Minuten Therapie. Es ist wichtig zu beachten, dass die Kids schon einen ganzen Schultag hinter sich haben in dem zum Teil auch Therapie eingebunden ist, da ist man nach der Schule auch manchmal einfach nur kaputt.

Welche Fortschritte hat dein Gastkind gemacht, seitdem du deine Kenntnisse anwendest?
Die größten Fortschritte meine Gastkindes sind: selbständigeres Essen und Trinken, Geschirr abräumen und aufräumen, Socken und Schuhe selbst anziehen oder etwa einen Ball fangen und werfen. Natürlich gibt es immer wieder auch kleinere Fortschritte in der Sprache oder eigentlich auch in jedem anderem Lebensbereich.

Wie konntest du deine Fertigkeiten in den USA verbessern? Was hast du dazu gelernt?
Meine Sichtweise hat sich in vielerlei Hinsicht erweitert. Jetzt verstehe ich viele Dinge früher als vorher, weil ich den Alltag eines Kindes miterleben kann und somit Manches viel besser nachvollziehen kann. Im Alltag kann man die Therapeutenrollen nicht immer 100 Prozent ausfüllen, weil es einfach Alltag ist und man muss lernen, sich in vielerlei Hinsicht anzupassen. Das fand ich aber zum Beispiel super interessant für mich selber zu lernen.
Ich habe schon Möglichkeiten zum Hospitieren wahrgenommen. Ich war schon öfter in der Schule oder auch im Kinderfitnessstudio. Vor allem die unterschiedlichen Herangehensweisen haben mich beeindruckt.

Was würdest du zukünftigen Professional Au-pairs mit auf den Weg geben wollen?
Jeder, der Interesse an dem Programm hat, sollte einfach alles auf sich zukommen lassen und ganz locker an die Sache rangehen. Stimmt die Chemie mit der Familie, passt alles andere ganz automatisch und man kann hier echt eine einmalige Zeit haben. Es ist unheimlich wichtig, Probleme direkt anzusprechen und offen damit umzugehen. Das gegenseitige Vertrauen ist sehr bedeutend. Daher sind sie einem umso dankbarer, wenn man Probleme sofort klärt.

Vielen Dank an Lisa für den tollen Bericht.

Lisa betreut ein autistisches Mädchen nahe Washington D.C.