Kinder- & Heilerziehungspflegerin Sonja aus Mönchengladbach berichtet warum ihr ein Jahr als Apex Social Care Professional in den USA nicht genug war

Kinder- & Heilerziehungspflegerin Sonja aus Möchengladbach ist mit uns in den USA und ihr war schnell klar, dass ein Jahr zu wenig ist:

Mein erster Gedanke war: Da geh ich nicht hin

Eine Single-Mom und gleich drei beeinträchtige Kinder? Das ist eine Mammutaufgabe. Das geht nicht, dachte ich damals. Aber nach zwei Skypegesprächen hat sich alles irgendwie harmonisch angefühlt, so dass ich der Familie eine Chance geben wollte.

Meine zweite abgefahrene Familie

Jetzt sind eineinhalb Jahre vergangen und ich kann mir nichts Besseres vorstellen. Meine Hostmom Patty Cyr und ich sind einTeam. Als ich ankam, war ihr Mann gerade ausgezogen und ja, ich bin ein wenig die Rolle des zweiten Elternteiles geschlüpft. Alles konnte laufen wie bisher. Für Chris, Katie und Mark war das ein großer Vorteil, gerade wegen Ihrer Beeinträchtigungen. Chris (13) hat Asperger-Autismus. Katie (9) kämpft mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) und Legasthenie, ebenso wie ihr elfjähriger Bruder Mark, der jedoch nicht ganz so heftig betroffen ist. Die Kinder schätzen und respektieren mich, obwohl ich streng bin. Dutzi, dutzi klappt nicht, da wickeln dich die drei um ihre Finger. Aber mit klaren Ansagen und liebevoller Zuwendung funktioniert unser Zusammensein.

Mit einem 8-Stunden-Job kann man die gemeinsame Zeit nicht vergleichen. Ich bin flexibel, auch wenn die Kinder mal krank zu Hause bleiben müssen. Den Morgen mit ihnen übernehme ich: Frühstück machen, Medikamente verabreichen, Schulsachen packen, in die Schule bringen. Dann hab ich bis nachmittags frei und hole sie später wieder von der Schule ab. Anschließend stehen Hausaufgaben, Therapie oder Sport auf unserem To-do-Zettel. Es ist immer was los. Aber ich liebe das Leben in dieser neuen Familie und fühle mich total verantwortlich. Hol ich sie z. B. von der Schule ab, sprech‘ ich oft auch mit den Lehrern. Einfach um zu wissen, wie es meinen Schützlingen geht. Das ist aber nur ein Grund, warum ich meine Zeit als "Apex Social Care Professional" um ein zweites Jahr verlängert habe. In dieses Land bin ich einfach verliebt.

Chefkoch für Fünf

Seitdem ich da bin, koche ich. Leider mögen meine Kids die deutsche Küche bis heute nicht besonders. Ich koche also, was sie mögen und kennen, aber einmal in der Woche gibt’s den Abenteuertest. Da mach ich was Neues und es ist Familiengesetz zu probieren. Als ich zum ersten Mal gekochte Kartoffeln als Beilage auf den Tisch stellte, guckten mich die Kinder an wie ein Auto. „Was ist das?“, fragten sie und wollten nicht glauben, dass das echte Kartoffeln sind.

Reise-Action in jeder freien Minute

In der Natur fühl ich mich am lebendigsten. Hab ich ein oder zwei Tage frei, bin ich weg. Zuletzt war ich mit Freunden im Joshua-Tree-Nationalpark, eine Wüstenlandschaft im Südosten Kaliforniens. Wir verbrachten dort auch die Nacht unter freiem Himmel am Lagerfeuer. Über uns nur die Sterne. So viele hab ich noch nie gesehen. Den großen Wagen oder den Polarstern findest du da gar nicht. Unter all den Lichtern verliert man komplett den Überblick.

Meine zweite große Leidenschaft ist Motorcross. Ich schau mir Rennen an, so oft ich kann, denn dieser Sport hat hier einen viel höheren Stellenwert als in Deutschland oder Europa. Vor kurzem war ich in San Diego zum Supercross. Es war unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas einmal erleben würde. Ich konnte sogar im Petco Stadium herumspazieren und mir alles ansehen.

Alles in allem bin ich dabei meine Reiseliste weiter auszubauen … Hinter mir liegen schon viele Stationen wie Bryce Canyon, Zion Canyon, San Francisco, Las Vegas, Hoover Staudamm,  Denver in Colorado, Bend in Oregon, New York, Washington D. C., Rhode Island. Vorgenommen habe ich mir noch Chicago, Miami, den Yellowstone National Park, Key West, Alaska oder Hawaii. Mal sehen, ob ich alles schaffe.

Absolut für einander da

Ich war noch gar nicht lange da, als mein Papa zu Hause einen schweren Autounfall hatte und ich mir große Sorgen machte. Meine Hostmom fragte mich spontan:  „Willst du nach Hause? Wir zahlen den Flug!“ Weil ich wusste, er ist in guten Händen und ich kann sowieso nichts machen, bin ich in San Clemente geblieben. In dem Moment wurde mir bewusst, dass ich für Patty Cyr nicht nur die Kinderbetreuerin bin, sondern absolut zu dieser Familie dazugehöre.

In der es natürlich auch heikle Momente gibt. Einmal wurde beispielsweise Chris körperlich ausfällig, weil etwas nicht so lief, wie er es sich vorgestellt hatte und er seine Medikamente nicht genommen hatte. Hinterher tat es ihm sehr leid, denn wir verstehen uns ansonsten richtig gut. Manchmal nehme ich ihn mit auf Tour, wie jetzt zum Supercross nach San Diego. Wir nennen das die Best-Buddy-Tage, wenn nur er und ich etwas gemeinsam unternehmen, was uns beiden gut tut.


Kinder- & Heilerziehungspflegerin Sonja aus Mönchengladbach berichtet warum ihr ein Jahr als Apex Social Care Professional in den USA nicht genug war